Woche 19: Artisanat monastique et Notre-Dame de Bouzy-la-Forêt

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich melde mich etwas verspätet erst heute, da ich den gestrigen Morgen „verschlafen“ habe, an dem ich normalerweise am Blog geschrieben hätte: So kommt das „Update“ erst jetzt. Die vergangene Woche war relativ gewöhnlich. Doch beginnen wir von vorne:

Am Mittwoch, den 26. Juni, hat mir Theophan einen näheren Einblick in sein künstlerisches Schaffen gegeben und mir sein Atelier im Keller der Klosteranlage gezeigt. Zusammen mit zwei anderen Brüdern bemalt er Porzellan, das sie über den Großhandel einkaufen. Während er Blumenmuster bevorzugt, bemalt ein anderer Bruder die Teller, Tassen und Teekannen mit farbprächtigen Singvögeln. Die Farben werden mithilfe von Terpentin aufgetragen. Die fertigen Services werden dann oben im Klosterladen angeboten ähnlich wie die Bonbons der Konfiserie, welche ich leider noch nicht in Augenschein nehmen konnte. Einzelstücke und Muster für die Porzellanarbeit stehen in den Wandschränken Modell für die Künstler:

Wandschrank mit bemalten Porzellan

Daneben existieren weitere leerstehende Werkstätten im Keller des Hauptbaus. So führte mich Theophan in eine alte Werkstatt eines bereits verstorbenen Paters, der mit Öl und Acryl auf Leinwand malte. Wie sich an vielen seiner Werke nachvollziehen lässt, hatte er eine Vorliebe für chinesische und japanische Kunst. Ein kleiner Brennofen zur Emailleherstellung und Acrylfarben zur Bemalung von Kerzen gehören ebenfalls zur Ausstattung des Raums.

Außerdem wurden diese Woche Prüfungen des „Mönchs-“ bzw. „Nonnenexamens“ abgehalten. Das heißt: Viele Nonnen und Mönche in Ausbildung feierten mit uns die Messe und waren bei den Mahlzeiten präsent: Benediktiner, Zisterzienser, Trappisten. Konkret unterhalten habe ich mich mit einem Trappisten aus dem elsässischen Kloster Oelenberg, der mir erzählte, dass er nach dem Examen in ein bretonisches Kloster wechseln werde, da seine bisherige Bleibe wegen eines zu kleinen Konventes vor der Auflösung stehe. Nachdem dieser abgereist war – er war in einem meiner Nebenzimmer untergebracht, habe ich diese Gelegenheit genutzt, um mal einen Blick hineinzuwerfen. In etwa sieht auch meine Zelle so aus  nur, dass ich nicht eine so schöne Aussicht auf die Kirche genießen kann:


Am selben Tag hat mir Theophan darüberhinaus folgende Zeilen der Kirchenlehrerin und Äbtissin Hildegard von Bingen an die Tür geheftet, die ich gerne mit euch teilen will:


„Über den Sternen throne ich, 

weil mir deine Gaben, Gott, genügen.

Ich freue mich am süßen Ton deiner Pauken,

da ich auf dich vertraue.

 

Ich küsse die Sonne, umarme den Mond

und halte ihn fest; mir genügt,

was sie für mich ersprießen lassen.

Was sollte ich mehr noch wünschen,

dessen ich gar nicht bedarf?

 

Alles erweist mir Barmherzigkeit.

Im Hause meines Königs darf ich wohnen,

sitzen beim königlichen Mahl,

weil ich eine Königstochter bin.“

 

Am Samstag, also vorgestern, habe ich einen Spaziergang gemacht und am Sonntag eine spontane Radtour in das Benediktinerinnenkloster Notre-Dame de Bouzy-la-Forêt, welches circa zehn Kilometer nördlich im orleonaisischen Wald gelegen ist, am Rande des kleinen Dorfes Bouzy-la- Forêt. Wer glaubt, St. Bernoît-sur-Loire sei ein provinzielles Dorf, sollte mal dorthin fahren: Außer einer Kirche und Schule, eines Rathauses und Cafés gibt es dort nichts. Dennoch oder gerade deswegen ist es umso idyllischer dort. Ein moderner und überraschend einladender Bau begrüßt den Besucher der Klosteranlage und Kirche. Bei einem Abstecher in den Klosterladen komme ich ins Gespräch mit einer älteren Benediktinerin, die fröhlich erzählt, sie kenne Bayern und habe eine Freundin in Straubing. So klein ist die Welt 😊.

Eingang

Kirchenraum und Chor

Kartbahn auf dem Weg nach Bouze La-Foret

Soweit, so gut. Der Sommer steht nun in seiner vollen Pracht und Blüte auf den Feldern, Wiesen und im Garten. Sattes Grün mischt sich mit den Farben mehrerer Blumen. Ein wunderschöner Anblick. Andererseits ist mir im Moment ein wenig „fad“. Das täglich gleiche Programm führt ein wenig zu Hamsterradmentalität. Ich bin froh, nächste Woche ein paar Tage nach Deutschland zu fahren, um organisatorische Dinge zu klären und etwas anderes zu sehen… Danach werde ich nochmal circa drei Wochen hierher kommen, bevor ich Anfang/Mitte August wieder dauerhaft nach Deutschland übersiedle. Ende August stehen dann noch „Abschlusstage“ in Einsiedeln an, die aber eher mit einer abschließenden Reflexion und „Urlaub“ verglichen werden können. Was treibt ihr so? Habt ihr Urlaub? Schreibt mir gerne! Ich habe Zeit und freue mich über die ein oder andere Nachricht oder ein Gespräch auf Deutsch ;) !

In diesem Sinne eine gute Woche euch allen! Es grüßt wie immer herzlich

Raphael

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Herzlich willkommen!

Woche 2: Aus Zauber wird Routine

Woche 3: Die monastische Lebensweise