Woche 8: April – Er weiß nicht, was er will

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlich willkommen zurück auf meinem Blog. Die letzte Woche war arbeitsreich und wechselhaft: Während letztes und auch dieses Wochenende von hochsommerlichen Temperaturen geprägt waren, gab es Mitte der Woche einen Temperatursturz um 15 Grad. Auch kommende Woche ist für Dienstag und Mittwoch Schnee angesagt: April, April, der weiß nicht, was er will…

Zugegebenermaßen gab es nichts Erstaunliches und Sensationelles diese Woche, das sich berichten ließe: Nichts Neues unter der Sonne; vielmehr die routinierten und bekannten Abläufe. Ich bin gut eingespannt mit den Gebets- und Arbeitszeiten und den Dingen, die nebenherlaufen wie zum Beispiel Französisch.

Um auch den Körper ein wenig für das Gebet zu disponieren, habe ich mich im Yoga ausprobiert. Der Gesang, die Verneigungen und der Weihrauch während der Gottesdienste sprechen die Sinne an, erreichen mich aber innerlich nur bis zu einer gewissen Schwelle, gerade wenn ich müde oder ausgelaugt bin.


Blick von meinem Gebetsplatz im unteren Chor: Hinter dem Rücken der Engelchen

Von Pater Thomas habe ich in der Einführungswoche die lectio divina gezeigt bekommen, welche die Mönche täglich früh morgens beten. Diese besteht aus den vier Schritten des Lesens (lectio), der Betrachtung (contemplattio), des Meditierens (meditatio) einer Bibelstelle, woraus eine Bitte (oratio) formuliert wird. Dazu komme ich ehrlichgesagt selten und ich betätige mich in dieser Zeit lieber körperlich, da ich nicht meine gesamte Freizeit auf dem Sessel oder am Schreibtisch verbringen will.


Christkönig-Crucifix mit Palmwedel über meinem Bett: "Sei unser Schutz, wenn wir schlafen." heißt es im Nachtgebet

Das Element der Körperlichkeit fehlt mir ein wenig in der christlich-benediktinischen Spiritualität. Ich denke da an buddhistische Klöster, wo körperliches Training – zum Beispiel als meditative Kampfkunst (Thai Chi, Chi Gong) – integraler Bestandteil des Klosteralltags ist. Nach dem Prinzip Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper (Mens sana in corpore sano) braucht auch der Leib ein „spirituelles Training“. Hier im Kloster ist jeder selbst verantwortlich, das zu tun. Persönliches Beten und leibliche Spiritualität verbinden einige Mönche, indem sie morgentlich eine Zeit für das Jesusgebet oder eine Zen-Meditation einplanen. Dafür müssen diejenigen dann aber sehr früh aufstehen – ca. um 4.30 Uhr, um genügend Zeit vor der Vigil um 5.30 Uhr zu haben.

Jeden Tag vor 6 Uhr aufstehen: Ist nicht so mein Ding. 😊 Ich kann aber die Mönche, die das tun, verstehen: Einer sagte, er tue das, weil die frühe Zeit am Morgen die einzige wirklich freie Zeit für ihn selber sei – abgesehen vom Sonntag Nachmittag, den alle Brüder und Patres freihaben, und einem Tag pro Woche, an denen sie nicht arbeiten müssen. Ja, da ist was dran: Durch das Pensum der Gebets- und Arbeitszeiten vergeht der Tag recht schnell.

Wenn ich so nachdenke, hatte ich unter der Woche doch die ein oder andere interessante Begegnung: Mit einer Mitarbeiterin im Sakristandienst – Lisbeth war, glaube ich, ihr Name – habe ich mich über das Fasten unterhalten und wie sich dieses auf ihren zehntägigen Aufenthalt zu Exerzitien in einem Kloster ausgewirkt hat. Erstaunt sei sie gewesen – so berichtet sie – wie wenig ihr der morgentliche Kaffee danach abgegangen sei. Überhaupt habe sie gelernt, ganz anders zu verkosten und zu genießen, als sie zweimal täglich für anderthalb Wochen nur Tee, Gemüsesuppe, etwas Dinkelbrot und Gemüse zu sich nahm. Durch das Fasten habe sie die Gebetszeiten inniger mitfeiern können. Wir kamen darauf, wie gern wir westlichen Menschen Probleme gern mit dem Überkonsum von Essen, Genussmitteln und Pillen adressieren, obwohl dies weder notwendig noch gesund ist. Seit diesen Exerzitien habe sie ein Gefühl bekommen, wann sie wirklich genug habe, erzählt sie. Zu Beginn meiner Klosterzeit habe ich auch gern während der Mahlzeiten großzügig zugegriffen, da das Essen so gut war. Ich dachte mir: Bin ich schon mal hier und muss arbeiten, brauche ich auch die entsprechenden Proteine und Kalorien. Manchmal habe ich mittags etwas „über den Hunger“ gegessen, fühlte mich dann müde und, da ich um 13.30 Uhr wieder arbeiten musste, habe mir dann einen Espresso geholt: Schneeballsystem. Wenn ich normal gegessen hätte, hätte ich keinen Espresso gebraucht, so ist es wohl. Ich möchte damit gar nicht das Kaffee- und Espressotrinken schlecht reden. In Studien soll regelmäßiger Kaffeekonsum sich als gesund erwiesen haben. Trotzdem ist auch Kaffee ein „Bioenhancer“, also Genussmittel, welches sich auf Aufmerksamkeit, Puls, usw. auswirkt. Ein schlauer Mitstudent, selbst Psychologe, erzählte mir, Kaffee sei sogar ein Depressor, auch wenn er kurzzeitig den Neurotransmitterstoffwechsel anregt: Wenn der Kaffee aufhört zu wirken oder die Koffeindosis für einen an Kaffee gewöhnten Organismus mal ausbleibt, klagen viele Leute plötzlich über Kopfschmerzen. Weniger ist mehr, das ist die Botschaft jeden gesunden Fastens... Soviel für heute.

Ich wünsche dir wie immer Gottes Segen für die kommende Woche! Bleib behütet und bis zum nächsten Mal!

Raphael

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