Woche 13: Abschied von Einsiedeln
Liebe Leserin, lieber Leser,
schön, dich
wieder hier anzutreffen. Wenn du immer noch mitliest, bist du wahrlich eine treue Leserin, ein treuer Leser. Für diese, deine Geduld und Treue, danke ich dir recht
herzlich. Ich will dich wie jede Woche mit einigen interessanten Neuigkeiten
aus dem Klosteralltag hier in Einsiedeln belohnen. Ich melde mich erst heute,
dem Pfingstmontag, der ein gesetzlicher kantonaler Feiertag ist, denn über das
Wochenende waren meine Eltern hier.
Aber beginnen wir von vorne! Vergangenen Montag, als ich den letzten Blog postete, fand die „Obwaldener“ Wallfahrt statt, anlässlich derer wiederum eine Kantonalwallfahrtkerze aufgestellt wurde. Außerdem gab es eine Pilgermesse mit Fahnenzug und Landesweibel in den Kantonalfarben Rot-Weiß. Vesper und Laudes beteten die Wallfahrerinnen und Wallfahrer im unteren Chor mit. Politisch hohe Würdenträger aßen im Refektorium zu Mittag. Gleiches galt für die Nidwaldner und dann die „Schwyzer“ Wallfahrt, welche vorgestern, also am Freitag, stattfand.
Die Gemeinde Schwyz
liegt nicht weit entfernt von Einsiedeln. Zu Fuß ist es ungefähr ein fünf bis
sechsstündiger Marsch über die Haggenegg, einen Pass. Bezirk und Ort Einsiedeln
gehören heute politisch zum Kanton Schwyz. Geschichtlich ging es zu Zeiten, als
das Kloster noch weltliche Herrschaft ausübte, zwischen Schwyzern und Kloster
nicht immer friedlich zu: Freie Bauern und das Kloster stritten sich im
Marchenstreit um das Weideland des Hochtals, was im 14. Jahrhundert nach Fehde
des Klosters gegenüber Kolonisten zur Plünderung des Klosters durch Schwyzer
Bauern führte. Umso schöner, Mönche und Schwyzer Regierungsmitglieder freundschaftlich
und friedlich beim Mittagessen zu sehen. Seit 1803 hat das Kloster keine
weltliche Macht mehr und widmet sich anderen Aufgaben.
Wie du siehst,
habe ich mich diese Woche vor allem mit der Klostergeschichte beschäftigt,
welche Schatz und Last gleichzeitig ist: Einerseits ein „Muff“ von über 1000
Jahren, genau sind es 1090, andererseits der reichhaltige Schatz einerTradition,
wozu wertvolle Bücher und Abschriften gehören, aber auch die Malerei in der Klosterkirche
oder der Marstall.
Manchmal gab es zu den einzelnen Stücken ganz nette Provenienzgeschichten: Drei Exponate sind Löwen, ein Männchen, ein Weibchen und ein Löwenjunges. Datiert sind sie wie die meisten Präparationen auf Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Geschichte geht folgendermaßen: Ein ehemaliger Stiftsschüler begibt sich im 19. Jahrhundert auf Missionsreise nach Afrika und nimmt ein kleines Kätzchen mit zurück nach Einsiedeln. Dieses Kätzchen entpuppt sich wenig später als Löwe und wird in den Klostergarten eingesperrt. Dort verbleibt der Löwe so lange, bis er eines Tages einen Mönch anfällt und dessen Kutte zerreißt. Nun wird er gefangen gesetzt und in den Keller der Anlage gesperrt. Da er allein ist, bemüht sich einer der Mönche, eine Löwin aufzutreiben. Diese erwirbt er von fahrendem Volk. Wenig später bekommt das Löwenpaar ein Junges. Nachdem der Gestank und die Zahl der Fliegen aufgrund des Löwenkots im Garten unerträglich werden, müssen die Tiere weggegeben werden. Nach ihrem Tod werden sie ausgestopft und ins Naturalienkabinett überbracht.
Das andere
Thema, welches mich diese Woche begleitet hat, ist der nahende Abschied. Kommende
Woche, genauer am Freitag, werde ich mich auf Reise in die Abtei Fleury nahe
Orleans begeben. Am Donnerstag werde ich mich zum Nachmittagskaffee von den
Brüdern und Patres verabschieden. Die Zeit hier war intensiv und ich habe allen
Grund, den Patres, Brüdern und Fratres dafür zu danken. Aber lest selbst:
„
Liebe Patres, liebe Brüder, liebe Fratres, lieber Kandidat,
nun ist es
bereits über drei Monate her, dass ich Mitte Februar als „Klosterzeitler“ zu
Ihnen nach Einsiedeln kam. Wie im Flug ist diese Zeit vergangen: Ich bin in den
Wechsel von Gebet und Arbeit eingetaucht, um ein Leben im Rhythmus des
benediktinischen Ora et Labora zu
führen. Während dieser Zeit konnte ich Sie, viele Mitarbeiter und Gäste näher
kennenlernen. Durch die Arbeit kam ich in Kontakt mit dem Sakristans-,
Klosterladen-, Schreinerei- und Serviceteam.
So konnte ich
von Anfang an erleben, dass das Kloster Einsiedeln ein Ort der Begegnung von
Menschen und der Begegnung mit Gott ist. Mit Gästen aus aller Herren Länder
durfte ich mich unterhalten: Pilger, Wallfahrer und Tagesausflügler. Der Grund,
warum sie sich nach Einsiedeln aufgemacht haben und der alle trotz
Unterschieden verbindet, ist der Glaube an Gott. Welch wundersames Band! Wenn
sich jemand bewusst auf Wallfahrt nach Einsiedeln „aufmacht“ – so schien es
mir, öffnet derjenige sich auch ein Stück weit innerlich. Das macht das
Wallfahren und Einsiedeln besonders: Ein „Stückchen“ Himmel berührt die
irdische Pilgerreise des Lebens. Die Verheissung des Reich Gottes wird
greifbar. Für mich war dies während meiner Auszeit spürbar: Der Geist weht in
Einsiedeln!
Ihnen allen, im
Besonderen Herrn Pater Thomas Fässler OSB, will ich recht herzlich für die
Ermöglichung dieses Aufenthaltes danken. Von Anfang an haben Sie mich herzlich
willkommen geheißen. Die Offenheit und Gastfreundschaft Ihrer Gemeinschaft habe
ich schätzen gelernt! Vergelt´s Gott dafür!
“
Wie immer wünsche ich euch eine segensreiche Woche und ein gutes Weitergehen! Nächstes Mal melde ich mich dann aus der Abtei Fleury in Frankreich!
Herzlich!
Raphael
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