Woche 15: Neuer Klosteralltag und Chateau Sully
Liebe Leserin, lieber Leser,
bienvenue de retour – willkommen
zurück auf dem Blog! Inzwischen bin ich eine Woche hier, in der Abtei Fleury an
der Loire. Was hat sich vergangene Woche getan?
Den Morgen und die Vormittage
habe ich dafür verwendet, Französisch zu lernen: Ich habe am Schreibtisch in
meinem Zimmer geübt und -lernt. Leider verstehe ich vom gesprochenen
Französisch nur einen Teil, gerade dann, wenn es schnell gesprochen oder
gesungen wird. Somit umgibt mich derzeit oft eine „doppelte Stille“, das heißt,
auch wenn geredet wird, bleibt es für mich „ruhig“, da ich die Bedeutung vieler
Worte nicht kenne. Meine Gespräche sind mit einigen Ausnahmen auf die
notwendige alltägliche Kommunikation reduziert. Trotzdem konnte ich einige
Pers und Frers bereits näher kennenlernen. Davon will ich kurz berichten:
Nachmittags geht es für mich meist zur Arbeit in den Garten und vergangenen
Mittwoch durfte ich mit Frere Theophan einen Hinterhof von Unkraut befreien. Er
studiert derzeit Theologie in Paris und steht kurz vor seinem Examen. Vor
seinem Eintritt ins Kloster hat er sein Umweltschutzstudium abgeschlossen. Erstaunlicherweise
kann er zusammen mit einigen anderen Mönchen auch Deutsch: Als Schüler pflegte
er eine Brieffreundschaft mit einem Saarbrückener und war auf Klassenfahrt in
Berlin. Außerdem habe ich Samuel, einen Postulanten, beim Apfelbäume schneiden
kennengelernt. Er ist bereits einige Monate hier. Auf das Postulat soll bald
ein Noviziat folgen. Fortwährende Anleitung und Betreuung meiner Arbeit im
Garten übernimmt Frere Louis-Marie, der offiziell für die Obstgärten zuständig
ist: Darunter sind Birnen-, Äpfel-, Kirsch- und Zwetschgenbäume. Obwohl schon etwas
älter – ich schätze Mitte siebzig bis achtzig – geht er beinahe täglich in den
Garten, um Früchte zu ernten oder die Bäume zu pflegen. Mit ihm unterhalte ich
mich immer in einer Mischung aus Französisch und Englisch. Wenn ich nicht Obstbäume
schneide, ernte ich im Moment Kirschen, die zu Mittag und Abend als Nachspeise
serviert werden.
Insgesamt habe ich mich bereits gut auf den neuen Klosteralltag eingestellt: Der Tag beginnt um 6:30 Uhr mit der Laudes. Nach einem kleinen Frühstück gibt es eine Zeit zum Französischlernen und -üben bis ca. 11.30 Uhr. Mittags nehme ich an der Messe teil, woraufhin es Essen gibt. Nachmittags geht es dann zur Arbeit, auf welche meist eine Dusche folgt. Nach der Feier der Vesper um 18.00 Uhr endet der Tag für mich mit dem Abendessen um 19.00 Uhr.
Das Ensemble aus romanischer
Klosterkirche mit Gästehäusern, Abteigebäuden und einem großen Garten drumherum
gefällt mir gut. Das Kloster liegt nur wenige hundert Meter von der Loire
entfernt und ist in eine relativ flache Landschaft eingebettet. Wenn ich so
nachdenke, ist diese gegenteilig zur Umgebung des Klosters Einsiedeln, welches
in einem Hochtal liegt und von Bergen umgeben ist.
Gestern, am Samstag, habe ich trotz Regen eine kleine Fahrradtour zum nahegelegenen Chateau Sully unternommen, einer herzoglichen Burg aus dem Mittelalter, welche circa acht Kilometer flussaufwärts an der Loire liegt. Verschiedene Innenräume bilden ein Museum, welches gegen Eintritt begehbar ist. Ähnlich wie im Schloss Neuschwanstein können Säle, Ess-, Schlafräume etc. der Fürsten und Verwalter besichtigt werden. Jeanne d´Arc, eine Nationalheilige Frankreichs, fand hier eine Zeit lang Zuflucht, bevor sie im hundertjährigen Krieg weiter gegen England und dessen Verbündete kämpfte. Auch in der Klosterkirche findet sich eine Steintafel, worauf festgehalten ist, dass im Juni 1429 Jeanne d´Arc das Heiligtum betrat.
Anlässlich des Fronleichnamsfestes begleiteten den heutigen Gottesdienst Orgel, Trompete und Chor. Zahlreiche Pilger aus dem Umland, unter anderem auch aus Paris, kamen, um der feierlichen Liturgie beizuwohnen.
Für kommende Woche wünsche ich
euch Gottes Segen und hoffentlich sonniges Wetter!
Herzlich!
Raphael
Lieber Raphael, ich wünsche dir weiterhin eine wunderschöne Zeit. Herzliche Grüsse EbJo
AntwortenLöschenDanke, Eberhard! Grüße in die Schweiz :)
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